Zehn Gebote für eine Kommunikation in der Krise

Folgendes Szenario: Sie sind ein Unternehmen und geraten aufgrund ihrer Kundenbeziehungen und eigener Tätigkeit in den Focus der Öffentlichkeit. Die Vorwürfe beinhalten unethische Verhaltensweisen und nicht nachvollziehbare geschäftliche Vorgänge.

Sie erhalten eine Anfrage einer bekannten Tageszeitung, welche durch ihr Online-Portal Sie zu einer bestimmten Stellungnahme einlädt. Dies bedeutet, sie müssen um innerhalb kürzester Zeit zu einem u.U. in monatelanger Arbeit recherchierten Artikel Stellung nehmen.

Vielleicht nehmen innerhalb kürzester Zeit verschiedene Blogs diese Nachrichten auf, die selbst eigene Recherchen angestellt haben und das Thema noch aus einem anderen Blickwinkel bereits im Internet bearbeiten.

Was tun?


1. Ruhe bewahren! Der Chef spricht!

Gehen Sie davon aus, dass Sie bereits im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen. Vergleicht man die Situation mit dem Beginn eines Theaterstücks, so ist der Vorhang bereits oben und Sie stehen mitten auf der Bühne.

Bestimmen Sie eine Person, die spricht und niemand anders! Grundsätzlich gilt – der Chef spricht selbst!

Es mag Konflikte auf einem niedrigeren Niveau geben, die auch durch die Presseabteilung bearbeitet werden können. Wichtig ist aber – wie im Theater – das eine klare Rollenverteilung vorliegt, wer etwas sagt! Alle anderen schweigen – das bedeutet auch: alle!


2. Kein Kommentar! Informationen beschaffen!

Bevor Sie sich nicht selbst ein Bild von der Lage gemacht haben und dies im Übrigen geeignet reflektieren konnten, geben Sie keinen Kommentar ab.

Dies kann u.U. aufgrund der Eilbedürftigkeit der Situation sehr schwer sein, aber ein Kommentar ist immer eine Reaktion auf eine Meldung, die dadurch neue Nahrung erhält.

Zudem wissen Sie nicht was die Gegenseite weiß und was andere wissen.

Um im Bild des Theaters zu bleiben – eine panische Reaktion bringt Ihnen nur Lacher und wäre das Ende der Vorstellung.


3. Berater einschalten!

Niemand kann selbst Schauspieler sein und selbst die Regie führen! Oder Fussballspieler und Trainer in einer Situation sein! Sie brauchen einen Rechtsberater, der im Falle der Unrichtigkeit der Meldung diese umgehend mit den zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln unterbindet und Sie brauchen einen Kommunikationsberater, wenn es sich nicht nur um eine einzelne Meldung handelt, welche im Wege einer Unterlassungserklärung „aus der Welt“ geschaffen werden kann. Ein Kommunikationsberater ist spätestens dann notwendig, wenn Sie die Erfahrung machen, dass die Meldung geeignet genug ist, innerhalb von 1 Stunde auf sämtlichen bundesweit bekannten Online-Portals im Internet zu erscheinen.


4. Keine eigenen Kommentare ohne Abstimmung!

Es mag schwer sein und zwar insbesondere dann, wenn man auch ansonsten „einen guten Draht“ zu den Medien hat, zu schweigen und sich ausdrücklich nur darauf zu beschränken, dass zu verbreiten, was vorher abgestimmt wurde. Allein, es geht nicht anders. Sie haben einen Regisseur und Sie haben eine „Soufleuse“ und Sie selbst haben genug zu tun, die Rolle zu spielen. Das heißt nicht, dass Sie die Unwahrheit verbreiten, aber Sie bewegen sich in den Medien nicht in der „Wirklichkeit“, sondern in einer Abbildung der Wirklichkeit. Genauso wenig wie das Theater das Leben ist!In diesem Theater gelten auch bestimmte Regeln, damit die Menschen Sie verstehen und den Stoff erfassen.


5. Information der Partner*innen und Mitarbeiter*innen!

Weihen Sie Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen ein und zwar in einer Form, die mit den Berater*innen abgestimmt ist. Es besteht – zu Recht – ein natürliches Informationsbedürfnis und darüber hinaus auch eine Pflicht zur Information gegenüber Ihren Berufskollegen oder Ko – Geschäftsführern. Dies gilt aber auch für Mitarbeiter, welche sich gewöhnlich mit dem Unternehmen identifizieren. Dies sollte auch – soweit möglich – vor entsprechenden Informationen über die Medien erfolgen. Eine solche frühzeitige Information kann sogar rechtlich geboten sein, wenn beispielsweise ein Berater gesellschaftsrechtlich gebunden ist.


6. Sachverhaltsaufklärung – vom Reden und vom Schweigen!

Egal was geschieht, gegenüber Ihren Beratern muss die Wahrheit und der vollständige Sachverhalt auf den Tisch! Es mag „schlüpfrig“ sein, es mag „dirty“ sein, der Berater muss es wissen. Auch und gerade die „unwichtigen Dinge“. Machen Sie ein brainstorming und schreiben Sie sich die Dinge auf. Auch wenn Sie meinen, mit dem Sachverhalt vertraut zu sein. Die aktive Bearbeitung eines Sachverhaltes fördert eine strukturierte Aufarbeitung sehr. Etwas anderes als die Wahrheit sollte auch nicht kommuniziert werden! Unter Umständen mag es das Beste sein einfach zu schweigen! Es ist nicht nur einer dem Verfassungsrecht, sondern auch den Menschrechten innewohnender Grundsatz, dass sich niemand selbst belasten muss. Dieser Grundsatz ist Ihr gutes Recht! Machen Sie davon Gebrauch. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Sie – nach Abstimmung mit Ihren Beratern – aus wohlerwogenen Gründen eine öffentliche Entschuldigung abgeben möchten. Auch dies kann man tun, ohne ein Präjudiz zu liefern!


7. Informieren Sie zeitnah!

Neue Informationen sollen kontrolliert, aber zügig weitergegeben werden.Wenn Sie einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin haben, die Sie dafür abstellen können, dann sollten diese für den Informationsfluss verantwortlich zeichnen und diesen gewährleisten. Dies bedeutet natürlich auch Tag und Nacht erreichbar zu sein und sich mit den Beratern abstimmen. Auch hier gilt: eine Person spricht, alle anderen schweigen!


8. Keinen eigenen Kommentar im privaten Umfeld!

Es mag eine Wiederholung sein, aber es unterstreicht die Bedeutung der Angelegenheit. Ab sofort kontrollieren Sie ihre Kommunikation und zwar in jeder Hinsicht.

Dies führt nicht dazu, dass sie sich gegenüber ausgesuchten wenigen besonders vertrauenswürdigen Personen aus dem persönlichen Umfeld nicht persönlich austauschen sollen.

Dies sollte jedoch sehr begrenzt werden und unter dem Blickwinkel der absoluten Vertrauenswürdigkeit erfolgen.


9. Rechtliche Schritte

Wie Sie bemerkt haben werden, haben wir die Frage rechtlicher Schritte bisher als Teil einer Gesamtstrategie erwähnt. Diese Möglichkeiten sind nicht unwichtig, im Gegenteil. Sie sind ein Teil der Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel und sollten entsprechend genutzt werden.In bestimmten Situationen ist sogar der umgehende Einsatz – nach einer Prüfung der Sach- und Rechtslage – unbedingt erforderlich. Man sollte aber die Wirkung rechtlicher Schritte nicht überschätzen, diese sind – u.U. der wichtigste – Teil einer Gesamtkrisenkommunikationsstrategie. Sie sollten insbesondere auch zielgerichtet und im Gesamtkonzept passend eingesetzt werden. Es ist als Rechtsanwalt nicht erforderlich im Rampenlicht zu stehen, es kann sogar nützlich sein, erst ab einer bestimmten Situation nach außen hin tätig zu werden. Dies bedeutet aber nicht, dass nicht umgehend rechtlicher Rat eingeholt werden sollte, damit alleine schon die Fristen beachtet und gerichtliche Gepflogenheiten berücksichtigt werden.


10. Eine Strategie entwickeln!

Entwerfen Sie umgehend auf der Basis der Ihnen vorliegenden Informationen eine Kommunikationsstrategie und passen Sie diese jeweils an die aktuellen Entwicklungen an. Bewahren Sie dabei Ruhe und den Überblick! Hat man eine Krise überstanden oder erwiesen sich bestimmte Veröffentlichungen sogar als unzutreffend und konnte man diese korrigieren, so kann man erst einmal tief Luft holen. Lässt man dann noch einmal die Ereignisse der vergangenen Zeit „Revue passieren“, dann wird man den Tag in bester Erinnerung haben, in welchem man strategisch und konsequent vorgegangen ist.


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